Autofreie Innenstadt in Wolfsburg denkbar?

von Nino Milizia


Niehus und Meiners halten nicht viel von einer autofreien Innenstadt. Symbolfoto: Sandra Zecchino
Niehus und Meiners halten nicht viel von einer autofreien Innenstadt. Symbolfoto: Sandra Zecchino | Foto: Sandra Zecchino

Wolfsburg. Derzeit machen sich Grüne und Sozialdemokraten in Stuttgart für eine Eindämmung des Autoverkehrs im Stuttgarter Stadtkern stark. Deshalb ging regionalHeute.de der Frage nach, ob dies auch zu einem Thema in Wolfsburg werden könnte. Olaf Niehus, Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, und der FDP-Fraktionsvorsitzende Marco Meiners bezogen Stellung.


Derzeit wird in Stuttgart eine Debatte darüber geführt, ob angesichts von Schadstoffen künftig Dieselfahrzeuge in der Innenstadt verboten werden sollten oder sogar der Autoverkehr in den Innenstädten gänzlich eingedämmt werden sollte. Nach Vorstellung der SPD und der Grünen soll die Innenstadt von Stuttgart komplett "autofrei" gestaltet werden. Zu einem Ausschluss von Dieselfahrzeugen vertreten Niehus und Meiners ähnliche Positionen. Laut Niehus sei eine vollständige Verbannung von Fahrzeugen aus den Innenstädten seiner Ansicht nach nicht zielführend. Grundsätzlich sei es zwar richtig, den Individualverkehr zu reduzieren, um Lärm, Schmutz und Gefahren für die dort wohnenden, einkaufenden oder arbeitende Menschen zu reduzieren. Doch müssten Anwohner, Lieferfahrzeuge und Beschäftigte weiterhin die Möglichkeit haben, zu Parkplätzen in ihrer Nähe zu fahren. Der Individualverkehr - bei dem idealerweise bis vor das Geschäft, die Bank oder den Club gefahren wird - sollte allerdings in Parkhäuser oder Parkplätze geleitet werden. Alternative Fortbewegungsmittel wie das Fahrrad sollten bevorzugt und gefördert werden, dann reduzierte sich der motorisierte Verkehr automatisch - ohne Verbote.

Auch Meiners kann mit der Suttgarter Diskussion bezüglich des Dieselverbots nichts anfangen: "Für mich ist dieser Vorschlag nicht nachvollziehbar. Was hier erreicht wird, ist ein unverantwortlicher Griff in die Geldbörsen und Rechte der Bürger auf einer rein ideologischen Basis." Wer sich wissenschaftliche Publikationen anschaue, erkenne schnell, dass die Vorwürfe hinsichtlich Feinstaub aufgrund von Dieselmotoren einer seriösen Überprüfung in den Innenstädten nicht standhielten. Was wir benötigen, ist ein Wettbewerb verschiedenster Motorentechnologien und keine Verbote oder, mindestens genau so schlimm, eine Autolobby, die selbst angefertigte Texte 1:1 in Gesetzgebungsverfahren einbringen kann", so Meiners.

Wolfsburg hat nicht solch gravierende Probleme


Auch sehen die beiden Politiker wenig Vorteile eines kompletten Autoverbots. Niehus führt vor allem die ökologischen Gründe an: "Hierzu ist es wichtig zu wissen, warum man die Innenstadt für Autos sperren will und was man als Innenstadt definiert. 100 Meter um die Fußgängerzone herum, 250 Meter, ein Kilometer oder der gesamte Stadtteil Innenstadt? In vielen deutschen Großstädten sind die Luftwerte unter anderem durch den Autoverkehr (aber nicht nur) oftmals so schlecht, dass man als Stadt zum Handeln gezwungen wird. In Wolfsburg haben wir aufgrund der Tatsache, dass ein Großteil des Stadtgebietes über Fernwärme versorgt wird und die Stadt aufgrund der geografischen Lage gut durchlüftet wird, keine solch gravierenden Probleme."

Außerdem seien in der Vergangenheit die Straßen in Wolfsburg vor allem so ausgebaut worden, dass das Auto überall „gut hinkommt“. Hier halte er ein Umdenken für richtig - der Ausbau von Rad- und Fusswegen dürfe auch gern mal zu Lasten des Autoverkehrs gehen. Die Ausweisung von Fahrradstraßen führe automatisch dazu, dass geringere Geschwindigkeiten gefahren und die Verkehrsteilnehmer besser „aufpassen“ würden. Allerdings müsse es auch weiterhin möglich sein, die Parkhäuser in der Innenstadt aufzusuchen und Geschäfte gezielt zum Beladen anzusteuern. Durch die Ausweisung von Fahrradstraßen und die Verbesserung der Radinfrastruktur zu Lasten von Autos würde es weniger attraktiv werden, „mal eben planlos durch die City zu fahren“.

Menschen nicht mit Verboten zwingen


Niehus wägt zwischen den Interessen des Einzelhandels und den Vorteilen für die Umwelt ab: "Eine vollständige Verbannung des Autos aus der Wolfsburger City ist aus meiner Sicht überflüssig und bringt wenig Vorteile - allerdings würde der Einzelhandel gravierende Einbußen hinnehmen müssen. Viele Vorteile sehe ich allerdings bei einer Reduzierung des motorisierten Individualverkehr zu Gunsten des Rad- und öffentlichen Personennahverkehrs. Weniger Lärm-, Dreck- und Gefahren für die dort lebenden, einkaufenden und arbeitenden Menschen. Die Aufenthaltsqualität auf innerstädtischen Straßen und Wege würde steigen und bei mehr Spaß beim Besuch der Innenstadt würden die Menschen auch mehr Geld ausgeben, was wiederum vorteilhaft für den Einzelhandel wäre." Dennoch bevorzuge er eine Verbesserung der Rad- und ÖPNV-Infrastruktur zu Lasten des Autoverkehrs, um es attraktiv zu machen, per Rad und Bus in die City zu fahren. Er wolle die Menschen mit besseren Angeboten zum Umstieg bewegen und sie nicht mit Verboten zwingen.

Auch Meiners argumentiert auf ähnliche Weise: "Der Grund für die Menschen in die Innenstädte zu fahren, ist in der Regel einkaufen zu wollen. Durch den Onlinehandel sind die Einzelhändler sowieso schon arg gebeutelt. Das A und O unserer Wirtschaft ist die Mobilität. Wir stehen hier aktuell vor gravierenden Veränderungen: E-Mobility, autonomes Fahren, Carsharing und so weiter. Hier entsteht derzeit in atemberaubender Geschwindigkeit eine Vielzahl an Modellen der Fortbewegung, ein kleinkariertes deutsches Verbot wird den Fortschritt in der Welt nicht aufhalten, sehr wohl aber unser Land abhängen, wenn wir hier nicht mitziehen." Unabhängig davon habe Wolfsburg kein Feinstaubproblem mit Ausnahmen an Ostern und Silvester, welches aber eher andere Gründe als Autoverkehr haben dürfte.


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